Dass sich Christoph Kramer in neuer Rolle im Derby zeigen wollte, war von der ersten Minute an klar. Als rechter Achter in der Mittelfeldraute preschte der 28-Jährige voran und führte mehrere Zweikämpfe - nach Ansicht von Schiedsrichter Aytekin ging er dabei über die Grenzen des Erlaubten. Schon nach drei Minuten wurde Kramer vom Unparteiischen angezählt.
Folglich dauerte es nicht allzu lange, bis es Konsequenzen gab. Bereits nach 26 Minuten sah Kramer die Gelbe Karte. »Aytekin gibt ja bekanntermaßen immer früh Gelbe Karten«, erklärte Kramer im Anschluss mit einem Schulterzucken. »Der bremst immer früh aus«. Für Kramer selbst war die Sache unproblematisch. »Die Situation hatte ich schon oft, das kannte ich«. Doch ganz so easy war es nicht, wie Marco Rose zugab. »Wir haben schon in der Pause kurz darüber geredet und waren auch darauf vorbereitet, dass wir vielleicht schnell was machen müssen. Aber es spricht für ihn, dass er es dann gut zu Ende bekommt.«
Ganz bis zum Schluss hielt Kramer nicht durch. »Hinterher hat es auch etwas gekrampft«, sagte er. Die Rolle des Achters ist zwar nicht völlig anders als die des Sechsers, einen gewichtigen Unterschied gibt es laut Kramer aber schon: »Auf der Sechs hat man nicht so diese ganz langen Läufe«. Kramer machte seine Sache - wie die Kollegen - gut, aber es war längst nicht perfekt. »Wir hatten viele Situationen, wo wir nicht den richtigen letzten Pass gefunden haben. Trotzdem gab es vier, fünf richtig gute Chancen und da fehlte nicht viel. Aber das ist eine Sache, an der wir noch arbeiten müssen.«
So wurde das eigentlich deutlich überlegen geführte Derby nach hinten raus doch noch zu einer kribbeligen Angelegenheit. »Wir müssen nicht darüber reden, dass wir den Deckel früher drauf machen müssen«, so Kramer. »Das haben wir nicht getan, deshalb wurde es dann nochmal spannend. Aber trotzdem haben wir über 90 Minuten eine sehr gute Leistung gebracht.« Überbewerten will Kramer den Derbysieg zwar nicht, doch die Signalwirkung ist ihm bewusst: »Wir dürfen nicht vergessen, dass es auch nur drei Punkte gibt. Aber es ist ein Sieg, der hier Euphorie auslöst. Euphorie ist nie schlimm, sie kann auch tragen. Ich freue mich immer über Siege, die etwas auslösen.«
von Marc Basten und Nadine Basten