Eigentlich gab es keine zwei Meinungen, dass das aufgrund des Becherwurfs im Ruhrstadion in der 69. Minute beim Stand von 0:2 unterbrochene und kurz darauf abgebrochene Spiel zwischen Bochum und Gladbach am ‘grünen Tisch’ mit 2:0 zugunsten der Gäste vom Niederrhein gewertet wird. Der DFB hatte in einem vergleichbaren Fall beim FC St. Pauli im Jahr 2011 entsprechend entschieden und die Spielordnung ist in dieser Beziehung eigentlich auch ziemlich klar formuliert.
Doch beim VfL Bochum sieht man das offensichtlich anders. Man hat sich rechtlich beraten lassen und den in Fußballkreisen bekannten wie umstrittenen Anwalt Horst Kletke beauftragt. Und der bestätigte am Mittwoch gegenüber dpa, dass er und seine Mandantin bei den DFB-Gremien ein Wiederholungsspiel fordern. Die Begründung: Der Täter habe das Getränk legal erworben und deshalb treffe den VfL Bochum kein Verschulden. Das würde nur dann bestehen, wenn der Werfer den Becher ins Stadion geschmuggelt hätte und die Sicherheitskräfte ihn übersehen hätten.
Unschuldig? Bochum verkauft Getränkebecher in dem Wissen, dass diese als Wurfgeschosse missbraucht werden
Deshalb, so sagt Kletke, würde nach der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB ein Wiederholungsspiel stattfinden müssen. »Wenn ein Straftäter einen Becher wirft, dann trifft den VfL Bochum keine Schuld«, wird Kletke von der Deutschen Presse-Agentur zitiert. Eine durchaus wagemutige Argumentation, die da im Namen der Bochumer ins Feld geführt wird. Denn als Veranstalter dieses Bundesligaspiels hat der VfL Bochum selbstverständlich die Verpflichtung, für eine ordnungsgemäße Durchführung der Veranstaltung und die Sicherheit aller Beteiligten zu sorgen.
Dennoch verkauft der VfL im Stadion Getränkebecher in dem Wissen, dass diese als Wurfgeschosse missbraucht werden. Diese Problematik ist gerade in Bochum bekannt und eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, wann so ein Becher mal einen Spieler oder Offiziellen empfindlich treffen würde. Gegenmaßnahmen - z.B. Fangnetze oder ein Stop des Getränkeverkaufs - hat der Verein nicht ergriffen. Sieht man von den sich ständig wiederholenden Durchsagen im Stadion ab, keine Gegenstände zu werfen. Sich nun schulterzuckend hinzustellen und die Hände in Unschuld waschen zu wollen, ist schon erstaunlich dreist.
Der VfL Bochum ist gerade dabei, eine Menge Sympathiepunkte zu versemmeln
Der VfL ist gerade dabei, in Fußballdeutschland eine Menge Sympathiepunkte zu versemmeln. Im unwahrscheinlichen Fall, dass die DFB-Juristen tatsächlich der Bochumer Argumentation folgen und ein Wiederholungsspiel anberaumen, wäre die Büchse der Pandorra geöffnet. Ab sofort hieße es in jedem Stadion ‘Feuer frei’, wenn die eigene Mannschaft zehn Minuten vor Schluss aussichtslos zurückliegt, um einen Spielabbruch und ein Wiederholungsspiel zu provozieren. Insoweit kann es eigentlich nur eine Entscheidung geben und der DFB wäre gut beraten, hier ein deutliches Zeichen zu setzen - und zwar zügig.
von Marc Basten