Man kann es drehen und wenden wie man will: Was nach dem 20. Spieltag bei Borussia Mönchengladbach passiert bzw. nicht passiert ist, kommt einer Katastrophe gleich. Selbst wenn man danach nur noch auf dem Niveau eines Tabellenneunten gepunktet hätte, wäre man komfortabel in die Champions League gedriftet. Doch in den zwölf Spielen nach Schalke holte Borussia bei einem Torverhältnis von -12 nur noch zehn Punkte. In drei Monaten. Das ist die Ausbeute eines Absteigers.
Da ist eine Mannschaft, deren interne Stabilisierungsprozesse nicht funktionieren. Da ist ein Trainer, der nach einer gelungenen Neuausrichtung zufrieden in den Verwaltungsmodus schaltet und es versäumt, das Team weiterzuentwickeln. Gemeinsames Verteidigen, Offensivpressing oder eine gewisse taktische Flexibilität mit Überraschungseffekten vermisst man bei Borussia. Und das, obwohl es aufgrund der Einfachbelastung und der vergleichsweise erfreulichen Personalsituation viel Raum und Zeit gab, sich das zu erarbeiten.
Die Dynamik des Abwärtsstrudels wurde unterschätzt
Max Eberl hat im Laufe der Saison erkannt, dass es für eine wirkliche Neuausrichtung in Gladbach mehr braucht, als nur die Einführung eines neuen Spielsystems, das für ein halbes Jahr Erfolg bringt. Die Entscheidung, im Sommer einen Cut zu vollziehen, ist folgerichtig. Was Eberl, wie alle anderen auch, unterschätzt hat, ist die Dynamik des Abwärtsstrudels, in den die Mannschaft nach dem 20. Spieltag gerutscht ist. Dass es so heftig werden könnte, hat niemand gedacht. Der Auftritt in Stuttgart oder die totale Unterlegenheit gegen Hoffenheim im ersten Durchgang sind die reinsten Horrorszenarien.
Und doch ist Dank der ersten 20. Spieltage auch zwei Runden vor Saisonende noch immer nicht alles verloren für Borussia. Es ist fast schon grotesk, aber noch ist Platz 4 zu erreichen. Und auch wenn rational nichts dafür spricht, so ist es dennoch möglich. Zum einen, weil die Erfahrung zeigt, dass es an den letzten Spieltagen fast immer drunter und drüber geht. Favoriten brechen ein, taumelnde Teams feiern Kantersiege - das gehört dazu. Zum anderen, weil die Borussen über 20 Spieltage gezeigt haben, dass sie es besser können. Sie können in Nürnberg und gegen Dortmund retten, was immer noch zu retten ist. Es ist eine reine Kopfsache.
von Marc Basten