EM-Kolumne

Nach links, nach rechts, nach Hause!

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Für Orjane gehts nach Hause, Englands Reise geht weiter nach Berlin (Foto: Adrian Dennis - Getty Images)

England steht im Finale der Europameisterschaft, für die feierwütigen Niederländer ist das Turnier vorbei. England reichte tatsächlich eine gute Halbzeit bei dieser EM, um ins Endspiel zu kommen. Die EM-Kolumne, Teil 21.

Es ist nicht neu, dass Mannschaften in Turnieren wie einer Welt- oder Europameisterschaft weit kommen, die es objektiv nicht verdient haben. Deutschlands Ruf, eine Turniermannschaft zu sein, war jahrelang von dem Vorwurf begleitet, sich mit unansehnlichem Fußball durchzumogeln. Vielleicht stößt es einem auch deshalb besonders bitter auf, dass sich England nun mit genau diesem Stilmittel ins Finale geschlichen hat. 

Objektiv verdient haben es die Engländer nicht. Aber der Erfolg gibt der Herangehensweise von Gareth Southgate und seinen Mannen letztlich Recht. Ein gutes Pferd springt halt nicht höher als es muss und genau das machte England in jedem Spiel dieser Euro. Auch im Halbfinale gegen die Niederlande. 

Zwayer entschied anders als damals in Köln

Dabei erwischte Oranje einen Traumstart und ging bereits in der 9. Minute durch einen schönen, aber haltbaren Distanzschuss von Xavi Simons in Führung. Die Engländer, die schon zuvor für ihre Verhältnisse extrem forsch aufgetreten waren, legten danach noch einen Zahn zu. Man musste sich wirklich die Augen reiben, wie flexibel und schwungvoll sie in der Offensive kombinierten.

Dass ihnen der schnelle Ausgleich gelang, war dann allerdings auch etwas glücklich. Den Tritt gegen Kane nicht abzupfeifen war keine klare Fehlentscheidung von Schiedsrichter Zwayer, sodass der VAR eigentlich nicht hätte eingreifen sollen. Das tat er doch und Zwayer gab nach Studium der Bilder Elfmeter. In der Gladbach-Bubble kamen direkt Erinnerungen an das Derby 2018 hoch, als Zwayer in einer vergleichbaren Situation nach einem deutlich klareren Vergehen gegen Hofmann trotz VAR-Intervention nicht auf Strafstoß entschieden hatte.

Watkins schockt die Elftal

Dass sich die Niederländer im Nachgang der Partie am Schiedsrichter abarbeiteten, ist teilweise verständlich. Doch sie müssen sich hauptsächlich den Vorwurf gefallen lassen, im weiteren Verlauf des Spiels zu passiv aufgetreten zu sein. England blieb dagegen zumindest im ersten Durchgang erstaunlich spielfreudig, ehe beide Teams nach der Pause immer mehr dem Sicherheitsfußball verfielen. Bei Oranje kam zwar mit Weghorst etwas Wildheit ins Spiel, aber die Wirkung blieb dieses Mal aus.

Alles sah danach aus, als ob sich beide Mannschaften mit Netz und doppeltem Boden in die Verlängerung und dann ins scheinbar unvermeidliche Elfmeterschießen manövrieren wollten. Doch dann schickte der eingewechselte Palmer den ebenfalls neu gekommenen Watkins in den Sechzehner. Der drehte sich um de Vrij und traf mit einem perfekten Flachschuss ins linke Eck. 

England im Finale - es fühlt sich wie ein schlechter Witz an

Die Engländer rasteten aus, die Elftal war geschockt und bekam in der bereits laufenden Nachspielzeit nichts mehr auf die Reihe. Im Dortmunder Westfalenstadion feierten die Engländer ausgelassen, während die Niederländer ihrem schwungvollen ‘nach links, nach rechts’ nun ein ‘nach Hause’ anhängen müssen. 

Für England geht die Reise nach Berlin ins Finale - auch wenn es sich immer noch anfühlt wie ein schlechter Witz. Doch nimmt man die Leistung der Engländer aus der ersten Halbzeit gegen die Niederlande und die Tatsache, dass sie auch im Turnierverlauf immer dann aufdrehen konnten, wenn es nötig wurde, erscheinen sie plötzlich auch im Finale nicht komplett chancenlos. Sie werden Spanien vor Aufgaben stellen, das steht fest.

 

von Marc Basten

 

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