Die Erleichterung, die sich nach dem Auswärtssieg in Nürnberg und der gleichzeitigen kollektiven Ausrutscher der Konkurrenz breit machte, war absolut verständlich. Dass an der einen oder anderen Stelle die gesicherte Teilnahme an der Europa League überschwänglich bejubelt wurde, dagegen nicht so ganz. Natürlich ist Platz 6 für einen Verein wie Borussia keine Selbstverständlichkeit und nach zwei Jahren ohne internationalen Fußball darf man sich auch freuen. Doch angesichts der Ausgangslage am 20. Spieltag ist der Zwischenstand am 33. Spieltag nicht mehr als die Vermeidung einer Katastrophe und daher im Kontext zu wenig, um in Ekstase zu geraten.
Auch die Leistung in Nürnberg war über eine Stunde lang eher grenzwertig. Das Tor als Knotenlöser und die gleichzeitige Erkenntnis beim Gegner, dass nichts mehr zu retten war, ermöglichten nach hinten heraus den klaren Auswärtssieg. Freilich waren die Tore schön herausgespielt und dass einige Borussen plötzlich die Leichtigkeit wiederfanden, war höchst erfreulich. Es zeigte sich einmal mehr, welche Rolle der Kopf im Fußball spielt. Und mit Hinblick auf das Saisonfinale könnte dieser Befreiungsschlag noch zum richtigen Zeitpunkt gekommen sein.
Eine Ära geht unabhängig vom Ausgang des Spiels zu Ende
Die Ausgangsposition für die Partie gegen Dortmund könnte unter Berücksichtigung der letzten drei Monate besser nicht sein. Der große Druck ist weg, für Versagensängste ist kein Raum mehr. Die Floskel, dass eine Mannschaft ‘befreit aufspielen’ kann, trifft für den Samstag vollumfänglich zu. Die Spieler können sich rehabilitieren und doch noch das ernten, was sie an den ersten zwanzig Spieltagen gesät haben. Das Erreichen der Champions League wäre der erfolgreiche wie versöhnliche Abschluss einer Ära, die am Samstag unabhängig vom Ausgang des Spiels zu Ende geht. Dieter Hecking wird letztmalig an der Linie stehen und auch der eine oder andere Spieler wird bei der Neuausrichtung im Sommer keine Rolle mehr spielen.
Der Fokus richtet sich also ohne Kompromisse auf dieses eine letzte Spiel, das nicht nur über die Teilnahme an der Königsklasse, sondern auch darüber entscheiden wird, wie die zweieinhalb Jahre unter Dieter Hecking letztlich eingeordnet werden können. Er brachte zunächst die geforderte Stabilität und ließ in den beiden Spielzeiten unter seiner Regie nach einer guten Vorrunde eine schwache Rückrunde folgen. Dabei gelang es Hecking, Gladbach vom Favre-Fußball zu emanzipieren und an die Schwelle zu bringen, von der aus nun mit Marco Rose ein nächster Schritt in die Zukunft gemacht werden soll. Dass ausgerechnet Lucien Favre am Samstag erstmals wieder im Borussia-Park erscheinen wird, ist so etwas wie das ‘i-Tüpfelchen’. Einige Kreise könnten sich an diesem letzten Spieltag schließen und Borussia letztlich als Champions-League-Teilnehmer in eine neue Zeitrechnung starten. Und dann wären ein paar ausgelassene Feiertage durchaus angebracht.
von Marc Basten