Die Zufriedenheit, die Max Eberl bei der Präsentation von Matthias Ginter ausstrahlte, sprach für sich. Borussias Sportdirektor hat mit dem Nationalspieler aus Dortmund ‚seinen‘ Toptransfer realisieren können. Derweil kann nicht jeder die überschwängliche Einschätzung des Sportdirektors hinsichtlich der Qualitäten Ginters teilen. Der Ex-Freiburger tauchte schon öfter in der Gerüchteküche auf und nicht wenige kommentierten dies mit einem schnöden ‚bloß nicht‘.
Natürlich gilt es, die Verpflichtung von Matthias Ginter unter den gegebenen Umständen zu betrachten. Mit Andreas Christensen verliert Borussia einen Abwehrspieler, der beständig auf absolutem Spitzenniveau agierte. So eine Lücke wird man nicht einfach mit dem nächsten Talent schließen können. Eine gewisse Klasse auf dieser Position gibt es, gerade in den Zeiten der Geldschwemme im Fußball, nur für richtig viel Kohle.
Schon ordentlich Geld nahm Borussia im Winter für Timothée ‚Kolo‘ Kolodziejczak in die Hand. Der Franzose hätte vom Profil und den Rahmenbedingungen her passen müssen. Doch Kolo fand sich nicht zurecht in der neuen Liga und gilt in diesen Wochen als ein möglicher Wechselkandidat. Das Beispiel durfte Eberl & Co. also Warnung genug gewesen sein, welche Probleme der Zukauf eines vermeintlich versierten Profis aus einer anderen Liga bedeuten kann. Für die Christensen-Nachfolge musste das Risiko minimiert werden, was den Kandidatenkreis allerdings deutlich einschränkte.
Ginter ist auch ein ›Anlageobjekt‹
Dass sich die Borussen für Matthias Ginter stark machten, entspricht einer gewissen Logik. Das Gesamtpaket ist wirklich interessant, weil der Nationalspieler vieles von dem mitbringt, was die Gladbacher brauchen. Mit 23 Jahren und einer solchen Vita ist er zudem auch wirtschaftlich ein ‚Anlageobjekt‘. Die Chance, dass Ginter am Tag X für eine stattliche Ablöse weiterverkauft werden kann, ist gegeben. Wären die Millionen in einen 30-Jährigen investiert worden, wäre diese Option naturgemäß eher klein ausgefallen.
Dennoch erschreckt die Summe von 17 Millionen Euro, die durch Medien geistert. Andererseits sind die Geldbeträge, die im Fußballgeschäft verschoben werden, längst jenseits von Gut und Böse. Die Ginter-Ablöse ist in der aktuellen Marktlage tatsächlich ‚normal‘ für einen 23-Jährigen Nationalspieler. Vor sieben, acht Jahren wäre ein vergleichbarer Transfer für 5 Millionen über die Bühne gegangen, jetzt wird eben mehr als das Dreifache bewegt.
Bleibt im Falle Matthias Ginter eigentlich nur die Frage: Ist er tatsächlich so gut, wie es Borussias Verantwortliche glauben? Eine fundierte Antwort wird man erst in den nächsten Monaten oder vielleicht Jahren geben können, wenn Ginter den Nachweis im Trikot der Fohlenelf erbringt.
Hinter einem Mustafi oder Rüdiger muss Ginter sich nicht verstecken
Vergleicht man Ginters Performance aus Freiburg und Dortmund mit dem, was andere Innenverteidiger so abliefern, schneidet er ordentlich ab. Für einen Mustafi oder Rüdiger werden weitaus höhere Summen aufgerufen, doch hinter den Nationalelfkollegen muss Ginter sich leistungsmäßig nicht verstecken.
Auch die Einschätzung aus Dortmund, Toprak so viel höher als Ginter zu bewerten, sehen nicht wenige Experten als durchaus mutig an. Und dass sich Bayern München einen Niklas Süle angelt, zeigt zudem, wie dünn das Angebot im Topbereich der Innenverteidiger ist.
Der Transfer von Matthias Ginter ist, auch unter den kolportierten Bedingungen, aus Gladbacher Sicht nachvollziehbar. Die euphorische Sichtweise von Eberl & Co hinsichtlich der Qualitäten des Neuzugangs muss man nicht zwangsläufig teilen, doch Matthias Ginter hat bald viel Zeit, die Skeptiker zu überzeugen.