Als Jannik Vestergaard nach einer knappen halben Stunde über den Ball senste und tollpatschig wie ein großer tapsiger Bär einfach umfiel, fiel wohl bei den meisten Borussen im Stadio Artemio Franchi parallel die Kinnlade herunter. Das Aus in Europa schien besiegelt, dazu noch mit einer Lachnummer.
Während sich in den nächsten Minuten die Erkenntnis verfestigte, dass Europa halt doch eine Nummer zu groß für diese Gladbacher ist, galt der nächste Gedanke schon den anstehenden Aufgaben in Liga und Pokal. Hoffentlich fällt die Niederlage jetzt nicht zu heftig aus und reißt damit tiefe und folgenschwere Wunden in das ohnehin noch so wackelige Gebilde.
Eine Stunde später hallte es durch die Toskana, dass Borussia der ›geilste Klub der Welt« ist und alle in Grün-Weiß-Schwarz lagen sich ob dieses historischen Sieges in den Armen. Es war einfach unglaublich, wie die Borussen diese mit allen Wassern gewaschenen Italiener im eigenen Wohnzimmer auseinandergenommen haben. Es war ein Sieg der Entschlossenheit und von der Moral her tatsächlich eine Meisterleistung.
Man erkennt, dass da gerade etwas Großes passiert
Es sind solche Abende, wegen denen man zum Fußballfan geworden ist. Ein schier unmögliches Unterfangen wird unvermittelt Realität. Diese Dynamik, die damit einhergeht, hat jeden Borussen mitgenommen. Plötzlich scheint die Zeit stillzustehen und man erkennt, dass da gerade etwas Großes passiert.
Borussia sichert sich mit diesem Sieg nicht nur den Achtelfinaleinzug und damit eine Verlängerung des Marathons an englischen Wochen, sondern gewinnt auch viel Sicherheit für eben diese Aufgaben. Nach den zwei unglücklichen Niederlagen zuletzt hätte in Florenz vom Kopf her viel kaputt gehen können. Das wurde vermieden und durch die Art und Weise des Triumphs sogar ins Gegenteil verkehrt.
Die Mannschaft kann die Erkenntnis mitnehmen, dass sie in der Lage ist, sich aus ausweglos erscheinenden Situationen zu befreien, statt einzubrechen. Es muss ja nicht immer solch ein Husarenstück sein wie in Florenz.