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Die DFB-Dilettanten und der VAR-Irrsinn

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Die Fernseh-Detektive machen den Fußball kaputt (Foto: Norbert Jansen - Fohlenfoto)

Es hat gerade einmal ein Spiel in der neuen Saison gebraucht, um festzustellen, dass der Deutsche Fußballbund mit seinen Schiedsrichtern die eigentlich sehr einfache Sache mit dem VAR weiterhin nicht verstanden hat. Die Hoffnung, dass die DFB-Dilettanten diesen Irrsinn eines Tages abstellen, darf man getrost vergessen.

Es gibt Gesänge im Stadion, die man einfach überhören kann oder sogar sollte. Es gibt aber auch einige, die punktgenau ins Schwarze treffen. So wie dieses »Ihr macht unseren Sport kaputt«, das regelmäßig dann ertönt, wenn die Partie minutenlang unterbrochen ist und die Schiedsrichter sich als Fernseh-Detektive betätigen. Wie sich am Freitagabend zum Ligaauftakt im Borussia-Park bestätigte: So wie die praxisfremden Funktionäre die Sache mit dem VAR verunstalten, zerstören sie den Fußball wirklich.

Das gilt nicht nur für die über 50.000 Menschen im Stadion, die sich irritiert und komplett ahnungslos anschauen müssen, wie ein paar Sachwalter ein Fußballspiel über Funk und einen TV-Monitor entscheiden. Auch diejenigen, die am Freitagabend ein Fernsehbild zur Verfügung hatten, waren fassungslos ob der Tatsache, dass der VAR in der 100. Minute eingriff und den Schiedsrichter zu einer spielentscheidenden Fehlentscheidung nötigte. 

Die Kameraperspektiven lassen kein unzweifelhaftes Urteil zu

Was war passiert? Itakura lieferte sich im Strafraum mit Leverkusens Adli einen Kampf um den Ball. Der Borusse grätschte, die Spieler kollidierten, der Ball war weg. Im Stadion in Realgeschwindigkeit war es ein konsequentes Einsteigen von Itakura, der Ball und Gegner trifft. So sah es auch Schiedsrichter Schröder, der einen klaren Blick auf die Szene hatte. Erst eine halbe Minute später bekam er das Signal aus dem Kölner Keller, dass dieser Zweikampf möglicherweise doch nicht ganz so sauber gewesen sein soll. 

Tatsächlich gibt es eine Kameraeinstellung, nach der es so aussieht, als ob Itakura nicht am Ball ist und stattdessen nur den Fuß von Adli trifft. Es gibt jedoch auch eine andere Perspektive, in der zu erkennen ist, dass Itakura mit der Fußspitze den Ball berührt, bevor es zum Kontakt mit Adli kommt. Der wahrnehmbare Drall des Balles spricht ebenfalls dafür, dass der Japaner ihn mit der Picke gespielt hat. Die Bilder, ob nun in Realgeschwindigkeit oder in Super-Zeitlupe, lassen aufgrund der unterschiedlichen Kameraperspektiven kein unzweifelhaftes Urteil zu. 

Ein irregulärer und falscher Eingriff des VAR

Genau das sorgt jedoch dafür, dass der Eingriff des VAR irregulär und falsch war. Es gilt nach wie vor die Anweisung, dass der VAR nur dann intervenieren soll, wenn er eine ‘klare Fehlentscheidung’ des Feldschiedsrichters erkennt. Weder ein direkter Elfmeterpfiff noch die Spielfortsetzung wären in solch einer 50:50-Situation eine klare Fehlentscheidung gewesen. Diese Umstände gaben es regeltechnisch schlicht und einfach nicht her, dass der VAR sich eingeschaltet hat. Dass dies in einem solchen Match in der 100. Minute erfolgte und spielentscheidend war, setzt dem Ganzen natürlich die Krone auf. 

Aus Gladbacher Sicht ist der Ärger über diesen neuerlichen regeltechnischen Fauxpas mehr als nur angebracht und verständlich. Schon beim aberkannten Tor von Tim Kleindienst im ersten Durchgang hätte man den fraglos vorhandenen Kontakt von Kleindienst mit Hincapie beim Kampf um den Ball nicht zwingend als Foul bewerten müssen. Aber wenn man schon eine kleinliche Regelauslegung betreibt, hätte auch das klare Halten gegen Rocco Reitz im Strafraum einen Eingriff des VAR und damit einen Elfmeter zur Folge haben müssen. 

Das Spiel wurde von den DFB-Dilettanten entschieden

So aber fühlten sich die Borussen berechtigterweise um einen Punkt betrogen. Es hätte aber sogar noch schlimmer kommen können, wenn man sich die fragliche Szene mit dem Elfmeterpfiff nochmals in Erinnerung ruft. Denn nach dem Duell zwischen Itakura und Adli lief das Spiel weiter und Borussia kam zu einer Konterchance. Čvančara lief über die linke Seite, zog etwas nach innen und schoss aus der Distanz vorbei. Man kann sich ausmalen, was im Borussia-Park los gewesen wäre, wenn Čvančara in der 98. Minute getroffen hätte. Aus einem 0:2 gegen den Meister ein 3:2 gemacht - der Lautstärkepegel hätte wohl den bei Igor de Camargos Tor von 2011 erreicht. 

Doch dann hätte sich mitten in der Ekstase der kleine Mann aus dem Keller gemeldet und auf das vermeintliche Foul von Itakura hingewiesen. Der Schiedsrichter hätte das Gladbacher Siegtor zurückgenommen und stattdessen auf Elfmeter für Leverkusen entschieden. Aus 3:2 innerhalb einer Minute ein 2:3 - der Borussia-Park wäre wohl in seine Einzelteile zerlegt worden. Das blieb einem dann immerhin erspart - doch auch so war es extrem ärgerlich, dass dieses Spiel von den DFB-Dilettanten entschieden wurde.

 


von Marc Basten
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