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Deutschlands Traum vom Titel platzt dramatisch

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Bitteres Ende - Toni Kroos und wohl auch Thomas Müller nach ihrem letzten Länderspiel (Foto: Thomas Kienzle - AFP - Getty Images)

Deutschland scheidet bei der Heim-EM im Viertelfinale gegen Spanien extrem unglücklich mit 1:2 nach Verlängerung aus. Der geplatzte Traum vom Titel hinterlässt im ersten Moment Fassungslosigkeit, aber auf Sicht wurde in diesen Wochen für Fußball-Deutschland etwas auf den richtigen Weg gebracht. Die EM-Kolumne, Teil 18.

Fußball ist oft Drama und selten wirklich gerecht. Diese nicht neuen Erkenntnisse trafen am Freitagabend Fußballdeutschland mit ungebremster Wucht. Die DFB-Elf schied nach einem packenden Spiel gegen den Turnierfavoriten Spanien äußerst unglücklich aus. Auch ohne durch eine schwarz-Rot-Goldene Brille zu schauen, hätte Deutschland in diesem Viertelfinale das Weiterkommen in gewisser Hinsicht mehr verdient gehabt als Spanien. 

Aber das zählt in einem K.o-Spiel nicht - da geht es schlichtweg nur um das Momentum. Und das hatten die Spanier in der 119. Minute auf ihrer Seite, als Merino seinen Kopfball versenkte, während Füllkrug wenige Minuten später ein paar Zentimeter am Tor vorbei köpfte. Das war auch deshalb besonders bitter, weil Deutschland in der Verlängerung dem Siegtreffer näher war und dieser Knock-out nahezu ohne Vorwarnung erfolgte. 

Die absurde Auslegung der Handspielregel

Und da war natürlich noch die Sache mit dem nicht gegebenen Elfmeter, der zurecht die Gemüter erhitzte. Dass es in der 109. Minute beim Handspiel von Cucurella nach dem Schuss von Musiala keinen Handelfmeter gab, ist absolut unverständlich und eine weitere Absurdität, mit der Schiedsrichter und VAR die Handregel interpretieren. Bei der Linie, wie sie auch die UEFA in diesem Turnier vorgegeben hat, hätte es keine andere Entscheidung als Handelfmeter geben dürfen. Der Arm von Cucurella war weit weg vom Körper, er neigt sich aktiv in die Schussbahn und blockt mit dem Arm den Ball, der ansonsten zumindest aufs Tor gekommen wäre. 

Dass dies nicht gepfiffen wird, aber hauchzarte Berührungen schon, die nur durch akustische Sensortechnik festgestellt werden, ist völliger Unsinn. Gegen Dänemark profitierte die DFB-Elf von der kruden Regelauslegung, jetzt gegen Spanien wurde sie klar benachteiligt. Das ist Fakt und hat ohne Zweifel einen nicht unerheblichen Anteil am letztlich so bitteren Ausscheiden der Nationalmannschaft. 

Nach dem Rückstand fand Deutschland in die Spur

Doch darüber hinaus gab es noch einige Dinge, die letztlich dazu geführt haben, dass man die an diesem Tag nicht überragenden Spanier nicht geschlagen hat. Bundestrainer Nagelsmann musste eingestehen, dass seine Idee, mit Can und Sané zu starten, nicht aufgegangen war. Die Fehleinschätzung korrigierte er zwar zur Pause, doch das kostete zwei Wechseloptionen, die man nach hinten heraus gut hätte gebrauchen können. Dass zudem vor dem Treffer durch Dani Olmo in der 51. Minute im ‘Gladbach-Style’ körperlos verteidigt wurde, darf in so einem Spiel nicht passieren. 

Immerhin sorgte der Rückstand dafür, dass die Deutschen danach in die Spur fanden und sich den späten Ausgleich durch Wirtz mehr als nur verdienten. Mit Füllkrug als Zielspieler war die Statik klarer, auch wenn man es stellenweise mit den Halbfeldflanken übertrieb. Aber man baute Druck auf und wurde letztlich damit belohnt, in die Verlängerung zu kommen. Dort war Deutschland, wie erwähnt, dem Siegtreffer näher als die Spanier, ehe das Drama seinen Lauf nahm. 

Julian Nagelsmann hat etwas angestoßen und das geht in die richtige Richtung

Direkt nach Schlusspfiff waren Spieler, Trainer und ganz Fußball-Deutschland fassungslos und konsterniert. Der Traum vom EM-Titel im eigenen Land zerplatzte nicht gänzlich unerwartet, aber doch auf eine extrem bittere Art und Weise. Doch nach der unmittelbaren Enttäuschung dürfen sich die Deutschen erhobenen Hauptes aus dem Turnier verabschieden. Es hat zwar ‘nur’ zum Viertelfinale gereicht, aber angesichts der rasanten Entwicklung von einer zum Jahresbeginn scheintoten Mannschaft hin zu einem Team, das wie ein Titelanwärter aufgetreten ist, darf man für die Zukunft positiv gestimmt sein. 

Julian Nagelsmann hat etwas angestoßen und das geht in die richtige Richtung. Es ist völlig klar, dass er nicht mit jeder Entscheidung richtig liegen konnte und für den wirklich ganz großen Wurf war die Zeit bis zu dieser EM wohl auch zu knapp. Doch dieser Neuanfang, dieser Umbruch, den Nagelsmann mit seinem Team eingeleitet hat, der ist vielversprechend. Wenn sich der zum Teil übertriebene Hype um Nagelsmann und die Nationalmannschaft wieder gelegt hat und die Party-People zum nächsten Event weitergezogen sind, dann kann auf einer erfreulich guten Grundlage weitergearbeitet und mit weiteren personellen Änderungen eine Nationalmannschaft geformt werden, die bei der nächsten WM eine gewichtige Rolle spielen kann.

Frankreichs Bollwerk hält weiterhin

Nach dem bitteren Ausscheiden der DFB-Elf fiel der Blick auf das zweite Viertelfinale des Freitags zwischen Portugal und Frankreich nicht gerade leicht. Zumal sich die beiden Teams wie erwartet keinen offenen Schlagabtausch lieferten, sondern ihr taktisches und von großer Vorsicht geprägtes Spiel durchzogen. Es tut jedes Mal weh, wenn man mit ansehen muss, wie die Franzosen ihr großes Offensivpotenzial brach liegen lassen und nur doppelt und dreifach abgesichert auf Einzelaktionen ihrer schnellen Ausnahmekönner hoffen. 

Aber es gehört eben auch zur Wahrheit, dass Frankreich in diesem Turnier gegen Österreich, Niederlande, Polen und Belgien nur ein Gegentor durch einen Elfmeter kassiert hat. Und auch gegen Portugal behielt Frankreichs Torwart Maignan über 120 Minuten die weiße Weste. Im Elfmeterschießen gaben sich die Franzosen keine Blöße und verwandelten sämtlich sicher, während aufseiten der Portugiesen der eingewechselte Joao Felix nur den Pfosten traf. Portugal ist raus, während Frankreich im Halbfinale auf Spanien trifft. Es ist davon auszugehen, dass die Franzosen dort ihrer Herangehensweise treu bleiben werden und man darf gespannt sein, mit welchen Mitteln Spanien den französischen Riegel knacken will. 

 

von Marc Basten

 

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