Als in der Frankfurter Arena die Mannschaftsaufstellungen verteilt wurden, gab es das eine oder andere überraschte Gesicht. Neuhaus erstmals in dieser Saison in der Startelf, Ullrich überhaupt zum ersten Mal bei den Profis von Beginn an. Und dann auch noch ein zarter Systemwechsel zu einer Dreierkette. Sollten mit Gerardo Seoane anlässlich seines 46. Geburtstags tatsächlich die Gäule, respektive die Fohlen, durchgegangen sein?
Am Mikrofon von Sky nahm Borussias Trainer derartigen Überlegungen schon vor dem Spiel den Wind aus den Segeln. Die Aufstellung sei kein Aktionismus, sondern der Tatsache geschuldet, dass neben Reitz (fehlte komplett) auch Plea und Hack Blessuren aus dem Mainz-Spiel davongetragen und es nur auf den letzten Drücker in den Kader geschafft hätten. Also lag kein Überraschungscoup in der Luft, sondern nur der von Seoane gewohnte Pragmatismus.
Passschärfe, Tempo und Ideen fehlten
Immerhin kam die neu formierte Elf ganz ordentlich ins Spiel, wobei die erste Viertelstunde nun auch nicht so toll war, wie es Trainer und Sportchef anschließend verkaufen wollten. Die erste wirklich überraschende Aktion an diesem Abend hatte Youngster Lukas Ullrich, der plötzlich zentral vor dem Sechzehner auftauchte und seinen Gegenspieler Theate mit einer unerwarteten Bewegung aussteigen ließ. Der überrumpelte Frankfurter griff mit der Hand nach dem Ball und weil er als letzter Mann eine klare Torchance verhinderte, flog er folgerichtig vom Platz.
Damit »änderte sich das ganze Panorama«, wie es Seoane später ausdrückte. Seine Mannschaft hatte gegen sich zurückziehende Frankfurter nahezu pausenlos den Ball, fand aber keine Lösungen. Wie fast immer gegen tief stehende Gegner fehlte es den Borussen an Passschärfe und Tempo. So war es für die Frankfurter kein großes Problem, die Gefahr vom eigenen Tor fernzuhalten. Dass sich die Fohlen in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit auch noch ein Kontertor fingen, war einmal mehr ‘typisch Borussia’.
Die Leistungssteigerung nach der Pause blieb ein Strohfeuer
Der unerwartet schnelle Ausgleich nach dem Seitenwechsel und die darauffolgende Phase, in der die Borussen mit deutlich mehr Überzeugung spielten, nährte die Hoffnung auf ein Happy End. Doch unverständlicherweise schaffte es die Mannschaft einmal mehr nicht, das Level zu halten. Einige Spieler wirkten körperlich platt, andere verhaspelten sich zusehends und man verfiel wieder in den schwerfälligen Trott.
Scallys fehlende Orientierung vor dem zweiten Frankfurter Treffer war auch seinem Positionswechsel wenige Momente vorher geschuldet, und die Einwechselspieler brachten keine frischen Impulse, sondern drückten das Niveau noch zusätzlich nach unten. Frankfurt war dem dritten Treffer näher als die Borussen dem Ausgleich und verdiente sich das Weiterkommen vollends. Um das Dilemma bei Borussia Mönchengladbach zu illustrieren, eignet sich der Blick auf die letzte Ecke tief in der Nachspielzeit. Nicolas wollte mit nach vorn, um vielleicht noch etwas zu erzwingen, wurde aber vom Trainer zurückbeordert.
Es bleibt nur ein schwarzes Loch der Gleichgültigkeit
Es bleibt also dabei - das Einzige, was die Borussen wirklich können, ist gute Gelegenheiten zu vermasseln. 75 Minuten Überzahl bei einem Gegner, der bei aller Qualität mittlerweile deutliche Spuren der Belastung aufweist, boten ideale Voraussetzungen für ein Weiterkommen. Dass man dennoch zwei Tore und weitere hochkarätige Chancen zugelassen hat, während man selbst nur einmal traf und sich ansonsten nur anderthalb weitere gute Gelegenheiten erspielte, ist maximal enttäuschend. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass sich Borussia weiterhin im endlosen Kreislauf der Ernüchterung befindet. Selbst der letzte Funke Leidenschaft ist erloschen - übrig bleibt ein schwarzes Loch der Gleichgültigkeit.