Es war ein relativ ernüchternder Abend im Borussia-Park. Die Stimmung mochte noch so gut gewesen sein und auch die Reaktion der Fans in den letzten Minuten und nach dem Abpfiff verdient Respekt. Es scheint überall angekommen zu sein, dass es nur gemeinsam geht und einen wirklichen Vorwurf kann man den Borussen auch nicht machen. Sie haben sich reingehängt, sind viel gelaufen und haben gekämpft. Das ist eine grundsätzliche Verbesserung zu vielen Auftritten der Vorsaison.
Doch Bereitschaft allein reicht natürlich nicht - schon gar nicht gegen einen solchen Klasse-Gegner wie Leverkusen. Trotz der tiefen Ausrichtung vermochten die Borussen die notwendige Kompaktheit nicht herzustellen. Bei eigenem Ballbesitz ging so gut wie nichts, es gab zuhauf Missverständnisse, unabgestimmte Laufwege und technische Unzulänglichkeiten.
Sieben Gegentore in zwei Spielen sind definitiv zu viel
Sieben Gegentore in zwei Spielen sind definitiv zu viel, gerade wenn man von der Spielanlage her eigentlich eher defensiv eingestellt ist. Es hilft zwar, dass mit Maximilian Wöber ein Verteidiger dazu gekommen ist, der kompromisslos durchzieht und Julian Weigl als Sechser jetzt auch intensiver in die Zweikämpfe geht. Doch Neuhaus ist und bleibt kein defensiver Sechser und die Probleme auf den Außenverteidigerpositionen sind unverkennbar.
Scally auf links zu stellen, war im Nachhinein keine gute Idee. Bedenkt man dazu, dass die 1A-Lösung hier nach wie vor Luca Netz sein soll, macht das in Bezug auf die Stabilität auch nicht wirklich Mut. Honorat musste gegen Leverkusen den Rechtsverteidiger in der Fünferkette geben, was er zwar eifrig versuchte, aber das ist nicht seine Kernkompetenz. Und es beraubte ihn etwas seiner eigentlichen Stärken.
Umbruch? Acht Spieler in der Startelf, die schon letzte Saison da waren
Noch ist das Transferfenster einen Spaltbreit offen und bestenfalls würde Borussia noch einen Abräumer-Sechser, einen beidseitig einsetzbaren Außenverteidiger und einen zentralen Stürmer dazu holen. Es bleibt abzuwarten, ob überhaupt noch etwas möglich sein wird, aber es würde schon sehr sinnvoll sein, auch ein überschaubares finanzielles Wagnis einzugehen. Denn selbst wenn stets vom großen Umbruch gesprochen wird: Gegen Leverkusen standen acht Spieler in der Startelf, die schon in der letzten Saison da waren.
Noch ist nicht ganz klar, was Gerardo Seoane mit der Mannschaft wirklich vorhat. Alles befindet sich in der Findungsphase und diese ist kein Selbstläufer. Zur richtigen Einordnung der Leistung gegen Leverkusen gehört allerdings auch, dass man die Qualitäten des Gegners berücksichtigen muss. Allein in puncto Handlungsschnelligkeit waren die Leverkusener den Gladbachern haushoch überlegen. Das macht gleichzeitig deutlich, wie sehr sich Borussia Mönchengladbach in den vergangenen Jahren von dem Level entfernt hat, an dem man mal gekratzt hat.
Der angestoßene Prozess wird kleinteilig und mühselig
Auch deshalb ist es angesagt, sehr kleine Brötchen zu backen und sich darauf einzulassen, dass der angestoßene Prozess bei Borussia sehr kleinteilig und mühselig werden wird. Niemand hat etwas anderes behauptet und doch muss man schon mal schlucken, wenn Borussia im eigenen Stadion von Bayer Leverkusen dermaßen kontrolliert wird, dass man von einem Klassenunterschied sprechen muss. Damit richtig umzugehen, ist auch ein Prozess.