Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass der Fußball ein manchmal grotesker Sport ist, dann wurde dieser am Freitagabend Augsburg geliefert. Borussia Mönchengladbach, seit Wochen sieglos und mitten in einer massiven Krise, zeigt über weite Strecken die beste Leistung der jüngeren Vergangenheit gegen einen eigentlich völlig unterlegenen Gegner und verliert am Ende mit 1:3. Ein Ergebnis, das mit dem Spielverlauf nicht viel zu tun hat.
Die Borussen begannen in Augsburg nach langer Zeit mal wieder mit der Art Fußball, die mal als ‚Marco-Rose-Fußball‘ beschrieben wurde. Also hoch pressen, attackieren, Ballverluste erzwingen und dann hart Gas in Richtung gegnerisches Tor. Überraschenderweise funktionierte das richtig gut und unweigerlich stellte sich die Frage, warum man eigentlich nicht öfter diese Herangehensweise gewählt hat – gerade gegen Gegner der Kategorie Augsburg.
Fehlende Konsequenz in allen Mannschaftsteilen
Es ließ sich richtig gut an für die Fohlen, die gegen die überforderten Gastgeber nahezu im Minutentakt Gefahr heraufbeschworen. Wäre man nur halbwegs im Flow, hätte man nach einer halben Stunde schon die drei Punkte verbuchen und den Rest des Spiels zum Warm-up für die die Champions League nutzen können. Doch weil seit Wochen die Erfolgserlebnisse ausbleiben, fehlte bei den finalen Aktionen nicht nur die Selbstverständlichkeit, sondern die Verunsicherung trat offen zutage.
Selbst die klarsten Möglichkeiten nach Geschenken der Augsburger blieben ungenutzt – negativer Höhepunkt sicherlich der Elfmeter von Lars Stindl, der den Ball weit neben das Tor schoss. Und als wenn das alles nicht schon blöd genug wäre, ging Augsburg nach der Pause nach einem Standard sogar in Führung. Total unverdient, aber danach fragt im Fußball niemand. Schon eher stellt sich die Frage, warum Vargas so frei zum Kopfball kommen kann. Das hat dann eben auch mit fehlender Konsequenz zu tun, die sich bei Borussia durch alle Mannschaftsteile zieht.
Diese einfache Geradlinigkeit eines André Hahn würde manchem Borussen gut zu Gesicht stehen
Nachdem der überfällige Ausgleich durch Neuhaus erzwungen wurde, schienen die Borussen das Spiel doch noch ‚ziehen‘ zu können. Aber erneut leistete man sich ein Larifari-Abwehrverhalten, das Augsburg den zweiten Treffer ermöglichte. Der Biss des Ex-Borussen André Hahn am Elfmeterpunkt und die simple wie effektive Kaltschnäuzigkeit von Richter, der den Ball ganz einfach ins Tor drosch, führte den Gladbachern brutal vor Augen, was ihnen selbst – bei aller fußballerischer Überlegenheit – offensiv wie defensiv abgeht.
Nach hinten raus wurde es dann mit dem dritten Augsburger Tor richtig bitter und dass es ausgerechnet Hahn mit einem formvollendeten Lupfer erzielte, setzte der Demütigung noch die Krone auf. Hahn hatte man seinerzeit wegen seiner beschränkten fußballerischen Qualitäten abgegeben, doch diese einfache Geradlinigkeit eines André Hahn würde manchem Borussen gut zu Gesicht stehen.
Stoff für richtig heftige Horrorszenarien
So bleibt nur die Feststellung, dass Borussia Mönchengladbach im März 2021 sogar die Spiele verliert, die eigentlich gar nicht zu verlieren sind. Und was nun? Borussia wird immer tiefer in den Negativstrudel gezogen und die Hoffnung, dass man mit einem schlichten Erfolgserlebnis wieder in die Balance kommen könnte, erweist sich zunehmend als illusorisch. In der Champions League drohen am Dienstag gegen Manchester City - wenn Guardiola seine Jungs denn lässt - ordentliche Prügel und dann geht es zum ‚Knaller‘ auf Schalke.
Das bietet Stoff für richtig heftige Horrorszenarien, die leider nicht so weit hergeholt sind. Mittlerweile hat wohl jeder Gladbachfan mal verschämt auf die Tabelle geschaut und abgeschätzt, ob es zum 10-jährigen Jubiläum der Relegationsrettung eine Neuauflage geben könnte. So weit sollte es wohl nicht kommen, aber von den Saisonzielen kann man sich getrost verabschieden. Es sind und bleiben ganz trübe Zeiten in Mönchengladbach.
von Marc Basten