Dass Bundesligaspiele auch für die vermeintlichen Spitzenteams keine Selbstläufer sind, betonen die Verantwortlichen der jeweiligen Vereine von Woche zu Woche gebetsmühlenartig. Natürlich steckt da eine Menge Wahrheit hinter, wie sich an diesem Bundesligawochenende eindrucksvoll bestätigte. Alle vier Champions-League-Teilnehmer, die unter der Woche gefordert waren, taten sich bei ihren Pflichtaufgaben im Ligaalltag schwer.
Die Bayern mussten in Stuttgart ordentlich beißen und setzten sich letztlich mühevoll mit 3:1 durch. Leipzig stand daheim gegen Bielefeld am Rande eines Remis, rettete aber ein 2:1 über die Ziellinie. Derweil musste sich Borussia Dortmund im Heimspiel gegen Köln - ja, tatsächlich der 1.FC Köln - mit 1:2 geschlagen geben. In diesem Zusammenhang wäre es vielleicht etwas anmaßend gewesen, von der Gladbacher Borussia als viertem Champions-League-Teilnehmer einen total souveränen Auftritt gegen Schalke 04 zu erwarten. Trotz der Tatsache, dass mit den Gelsenkirchenern der arg gebeutelte Tabellenletzte im Borussia-Park vorstellig wurde.
Borussia gewinnt den Vergleich der Königsklassenteilnehmer bei den Pflichtaufgaben im Ligaalltag
Am Ende leuchtete auf der Anzeigetafel im leider mal wieder leeren Stadion ein sattes 4:1 für die die Borussia. Damit hat die Fohlenelf den Vergleich der Königsklassenteilnehmer bei ihren Pflichtaufgaben gewonnen - kein Team siegte deutlicher bzw. Dortmund blamierte sich sogar richtig. Aber wer die 90 Minuten im Borussia-Park gesehen hat, der wird zugeben müssen, dass die Leistung der Gladbacher nicht so glänzend war, wie es das klare Resultat suggeriert.
Tatsächlich war es über einen großen Teil des ersten Durchgangs nicht nur eine zähe, sondern eine richtig gefährliche Angelegenheit. Eigentlich hatte man erwartet, dass die Borussen den angeschlagenen Gegner aus dem Kohlenpott von Beginn an in den Schwitzkasten und unter Dauerbeschuss nehmen würden. Zwei, drei schnelle Tore und die Sache wäre früh geregelt, so dass man nach hinten raus in den Schongang für den Knaller in der Champions League gegen Inter Mailand schalten könnte. Doch dieses Vorhaben entpuppte sich schnell als unrealistische Wunschvorstellung.
Statt einem Gladbacher Überfallkommando gab es eine bedächtige und teilweise behäbige Borussia zu sehen
Statt einem Gladbacher Überfallkommando gab es eine bedächtige und teilweise behäbige Borussia zu sehen. Es machte den Eindruck, als ob sich die Mannschaft komplett auf ihren unzweifelhaft vorhandenen individuellen Qualitätsvorteil gegenüber dem Tabellenletzten verlassen wollte. Das schien nach einer Viertelstunde mit dem Führungstreffer durch Neuhaus sogar aufzugehen, wurde aber spätestens mit dem prompten Ausgleichstreffer als doch nicht so ideales Vorgehen entlarvt. In der Phase danach, u.a. mit dem Pfostenschuss von Uth, gerieten die Borussen gefährlich ins Wanken. Sie machten sich das Leben einmal mehr selbst schwer.
Erst der neuerliche Führungstreffer von Wendt sorgte dafür, dass sich die Kräfteverhältnisse wieder einpendelten. Bereits vor der Pause gab es gute Gelegenheiten, das Ergebnis deutlicher zu gestalten, was dann nach Wiederanpfiff zu einem überaus günstigen Zeitpunkt gelang. Mit dem 3:1 nach 52 Minuten war das Spiel tatsächlich so gut wie entschieden. Auch wenn es natürlich noch ein paar Restzweifel gab. Wäre noch einer durchgerutscht, hätte es nach hinten heraus wieder die Konstellation gegeben, dass der Gegner nur ein Tor aufholen musste. Und Derartiges ist in dieser Bundesligasaison im Borussia-Park bekanntlich bereits dreimal schief gegangen.
Am Dienstag wird Borussia von Beginn an ganz anders zur Sache gehen
Zum Glück blieb dieses Szenario allen erspart, weil Hannes Wolf zehn Minuten vor Schluss mit dem Tor zum 4:1 alle Unklarheiten aus dem Weg räumte. Am Ende steht das auf dem Papier klare Resultat, mit dem die Borussia wieder an die Spitzegruppe der Liga heranrückt. Es war alles andere als ein glanzvoller Sieg und wie Marco Rose anschließend offen und ehrlich bestätigte, hätte eine richtige Spitzenmannschaft diese Aufgabe inhaltlich souveräner lösen können.
Doch Borussia, auch das hat Rose deutlich gemacht, ist noch keine Spitzenmannschaft, sondern allenfalls in der Entwicklung zu einer solchen. Von daher ist es, gerade im eingangs erwähnten Kontext zu den anderen Königsklassenteilnehmern, unter dem Strich ein gutes Zeichen, die unangenehme Pflichtaufgabe gegen Schalke mit einem klaren und deutlichen 4:1 erledigt zu haben. Jeder weiß, dass eine Herangehensweise wie in der ersten Halbzeit gegen Inter Mailand bitter bestraft würde - und deshalb kann man sich sehr sicher sein, dass die Borussia am Dienstag von Beginn an ganz anders zur Sache gehen wird.
von Marc Basten