Einwurf zur Trainerentlassung

Die Trennung von Farke ist eine Niederlage für alle Beteiligten

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Der gemeinsame Weg war kurz - Roland Virkus und Daniel Farke (Archivfoto: Norbert Jansen - Fohlenfoto)

Dass sich Borussia Mönchengladbach von Daniel Farke trennen würde, war angesichts der Entwicklungen der letzten Wochen eine unausweichliche Folge. Die Entscheidung und die Art und Weise, wie der Rauswurf zustande kam und wie er moderiert wurde, kommt einer Niederlage für alle Beteiligten gleich.

Als Borussia am Freitag in einer sehr knapp gehaltenen Pressemitteilung das Ende der Zusammenarbeit mit Daniel Farke verkündete, dürfte niemand wirklich überrascht gewesen sein. Angesichts der laufenden Demontage des Trainers aufgrund der öffentlich verweigerten Rückendeckung durch den Klub war ein Ende unumgänglich. Niemand hätte es Virkus und Farke abgenommen, wenn sie sich nach ihrer Saisonanalyse als Sportdirektor und Trainer präsentiert hätten, zwischen die kein Blatt Papier passt und die sich gemeinsam und mit voller Überzeugung den weiteren Herausforderungen stellen. Die Tür für eine weitere Zusammenarbeit hat Roland Virkus bereits vor Wochen verbarrikadiert. 

Die Geschichte mit der ‘ergebnisoffenen Generalanalyse’ war nur eine Nebelkerze. Das wenig aussagekräftige öffentliche Statement zur Trennung macht noch einmal deutlich, dass beide Parteien in dieser Sache verloren haben. Daniel Farke hat die Euphorie und Aufbruchstimmung der Anfangszeit nicht nutzen können. Es blieb unklar, welche Philosophie der 46-Jährige wirklich verfolgt hat und die Art und Weise, wie er mit der sportlichen Krise im Kalenderjahr 2023 umgegangen und wie passiv er geblieben ist, haben ernsthaftes Misstrauen hervorgerufen. Die Rhetorik, für die Farke zu Beginn gefeiert wurde, nutzte sich schnell ab und flog ihm am Ende um die Ohren. 

Das große Ganze ist irgendwo in der WM-Pause verschollen

Farke hat weder sichtbare Zeichen bei der Entwicklung einer ‘neuen Borussia’ gesetzt, noch hat er objektiv aus diesem schlecht ausgewogenen und teilweise toxisch besetzten Kader alles herausgeholt. Und dabei geht es nicht um überzogene Erwartungen, sondern schlichtweg um einfachste Grundlagen. Die blutleeren Auftritte und die mangelnde Widerstandsfähigkeit hat Farke nicht abstellen können - im Gegenteil. Er hat diese Auftritte mit getragen, hat sie stellenweise extrem schöngeredet. Vor den Spielen erklärte Farke gerne wortreich, worauf es gegen diesen und jenen Gegner ankommt und oftmals wurde genau das nicht umgesetzt. Passiert ist daraufhin nichts - sondern es wiederholte sich nach dem gleichen Muster in unschöner Regelmäßigkeit. 

Eine gewisse Zeit konnte man noch die Hoffnung hegen, dass Farke intern ganz anders vorgeht als in der Öffentlichkeit, wo er seine Spieler fast bis zur Selbstverleugnung schützte. Doch auf dem Platz änderte sich nichts und aus der erhofften Weiterentwicklung wurde erst ein Stillstand und dann ein Rückwärtsgang. Dass der Coach die Spieler mit seinen Ideen mitnehmen oder gar begeistern würde, war nicht zu erkennen. Auch gab es keine Anzeichen, dass Farke einzelne Spieler mit Hinblick auf die neue Saison fördern würde. Das große Ganze, wohin Farke mit der Borussia hinwollte, war irgendwo in der WM-Pause verschollen und wurde nicht mehr gesehen. Insofern ist es nur verständlich, dass auch bei den Verantwortlichen der Borussia Zweifel aufgekommen sind, ob Farke wirklich der richtige Mann für den Neuaufbau im Sommer sein kann. 

Wann wurde aus der Gänsehaut bei Virkus Angstschweiß?

Mittlerweile ist bekannt, dass diese Zweifel so groß geworden sind, dass die Notbremse gezogen wurde. Unklar bleibt, warum genau Roland Virkus plötzlich von seinem Wunschtrainer abgerückt ist und ab wann aus der ‘Gänsehaut’, die Virkus bei den anfänglichen Gesprächen mit Farke bekommen hat, Angstschweiß geworden ist. Die Hintergründe bleiben verschwommen und die Art und Weise, wie der schleichende Rauswurf zustande kam und wie er moderiert wurde, war nicht das erste kommunikative Desaster bei der Borussia. Fakt ist, dass Roland Virkus mit der Idee, mit Farke langfristig etwas aufzubauen, gescheitert ist. Das ist ein herber Rückschlag, der auf die Kappe des Sportdirektor-Novizen geht.

Angesichts des krassen Umbruchs, der im Sommer im Kader stattfinden muss, ist es kein sonderlich beruhigendes Zeichen, dass auf der Trainerposition alles auf null gesetzt wird. Dass sich hinter den Kulissen Veränderungen in der Struktur des ‘Team Sport’ andeuten und Virkus Unterstützung erhalten wird, macht ein wenig Hoffnung. Gleichzeitig ist klar, dass Borussia in diesem Sommer nicht nur verdammt viele gute Entscheidungen im Hinblick auf Spielertransfers treffen muss, sondern nach zwei Rohrkrepierern auch endlich wieder einen Trainer holen muss, der eine Mannschaft unter komplizierten Bedingungen entwickeln kann. Und ganz nebenbei auch noch eine Aufbruchstimmung kreieren muss, die Borussia nötiger denn je hat.

 


von Marc Basten

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