Die Vorbereitung auf die neue Saison ist gestartet, Adi Hütter hat seine ersten Schritte bei Borussia Mönchengladbach gemacht. Bei seiner Vorstellungs-PK zeigte sich der 51-Jährige gut informiert über die Geschichte seines neuen Arbeitgebers und ließ bei seinen Aussagen an den richtigen Stellen Demut walten. Markige Sprüche gab es nicht, genauso wenig hinterließ Hütter den Eindruck, als ob er den Verein komplett auf links drehen und neu erfinden wolle.
Das hat Marco Rose vor zwei Jahren zwar auch nicht gemacht, doch damals waren mit dem neuen Trainer ganz andere Hoffnungen auf eine Runderneuerung verknüpft. Viel, letztlich deutlich zu viel, wurde von der Person Marco Rose und ‘seinem’ Fußball erwartet. Damals war der Trainer der Star, wurde entsprechend hofiert und gepusht und schnell zum ‘Gesicht der Borussia’ auserkoren. Mit seiner lässigen Art rannte Rose offene Türen ein und als sich die ersten Erfolge einstellten, schien es kein Limit mehr zu geben.
Borussia tut gut daran, Hütter in der Außendarstellung nicht zu viel aufzubürden
Die harte Landung nach anderthalb Jahren Höhenflug ist allen noch in schmerzhafter Erinnerung. In Mönchengladbach tut man gut daran, den neuen Trainer Adi Hütter zwar als wichtigsten Angestellten im Bereich Sport zu bezeichnen, ihn aber in seiner Rolle in der Außendarstellung nicht zu viel aufzubürden. Die Hochstilisierung der Person Marco Rose hat letztlich dazu geführt, dass so viele Menschen bitter enttäuscht waren, als Rose seine Ausstiegsklausel zog. In ein solch emotionales Abhängigkeitsverhältnis sollte sich der Klub nicht mehr bringen und Adi Hütter dürfte auch nicht der Typ sein, der bereitwillig in eine solche Rolle schlüpft.
Der Österreicher bringt zwar einige Ansätze seines Vorgängers mit nach Gladbach, unterscheidet sich aber in vielen Facetten. Die ‘Red-Bull-Schule’ und die damit verbundene grundsätzliche Herangehensweise und Interpretation des Fußballs ist unzweifelhaft eine Gemeinsamkeit. Doch während Rose seine Fertigkeiten im Profibereich vor seiner Zeit in Gladbach nur unter den sehr speziellen Umständen in Salzburg anwenden konnte, hat Adi Hütter auch abseits des ‘RB-Kosmos’ Erfahrungen gesammelt.
Auch in Krisenzeiten hat Hütter Lösungen gefunden
Hütter hat an seinen unterschiedlichen Stationen nachgewiesen, dass er aus seinen Mannschaften unter den gegebenen Umständen - und die waren längst nicht überall so gut wie in Salzburg - nahezu das Optimum herausholen kann. Die Erfolgsgeschichte in Bern sei erwähnt und natürlich auch die Zeit in Frankfurt. Gerade bei der Eintracht waren die Rahmenbedingungen alles andere als einfach, doch Hütter hat die Mannschaft ans Limit geführt. Und - das ist genauso wichtig - er hat auch in Krisenzeiten seinen Mann gestanden und Lösungen gefunden.
Marco Rose wurde als ‘Menschenfänger’ bezeichnet und wenn er mit Jürgen Klopp in eine Schublade gesteckt wurde, widersprach er nicht wirklich. Adi Hütter sagt man diese ‘Klopp-Attitüde’ nicht nach, gleichwohl gilt er als Kommunikator und Motivator innerhalb seiner Mannschaft. Auch wenn er nicht so kumpelmäßig hemdsärmelig daherkommt, versteht es Hütter, die Spieler mit seiner Ansprache mitzunehmen und für eine gemeinsame Idee zu begeistern. Darauf wird es letztlich auch bei seinem Engagement bei Borussia ankommen.
Viele Fragezeichen im Kader - Hütters Improvisationstalent ist gleich gefragt
In Mönchengladbach findet Hütter einen gefestigten Klub vor und hat mit Max Eberl einen Sportdirektor an seiner Seite, auf dessen Loyalität er sich hundertprozentig verlassen kann. Die Mannschaft ist vom Kern her gut besetzt und Hütter wird auf ein Gerüst an qualitativ ambitionierten Spielern zurückgreifen können. Dass die Ansprüche in Gladbach relativ hoch sind, alle attraktiven Fußball erwarten und dass um die internationalen Plätze gespielt werden muss, ist klar. Adi Hütter sollte das hinbekommen.
Die Tatsache, dass in dieser Saison ohne Europapokal der Fokus auf die Bundesliga gerichtet werden kann, sollte Hütter den Einstieg erleichtern. Gleichzeitig wird er eine Lösung für die Problematik finden müssen, die sich durch die vielen Fragezeichen hinsichtlich des endgültigen Kaders ergibt. Zum einen steigen die EM-Fahrer erst später in die Vorbereitung ein, zum anderen werden zweifellos noch Spieler gehen, die der Trainer normalerweise als Basisspieler einplanen würde. Insoweit wird Adi Hütter gleich mal sein Improvisationstalent unter Beweis stellen müssen. Aber auch das sollte er hinbekommen.
von Marc Basten