In den letzten Jahren hat sich in der deutschen Fußballlandschaft die Begrifflichkeit ‘deutscher Clasico’ ihren Weg geebnet. Damit werden zweimal im Jahr die Aufeinandertreffen zwischen Bayern und Dortmund hochgejubelt. Das ist nicht nur zum Teil verstörend und nervend, sondern im Kontext der Bundesligageschichte auch falsch. Sicher, Bayern (ganz viel) und Dortmund (ein wenig) prägten in den letzten zwanzig Jahren die Liga. Aber der Bundesliga-Clasico? Das ist dann doch wohl eindeutig Gladbach gegen Bayern.
Dieses Duell war schon zu einer Zeit das Non-Plus-Ultra, als der BVB zwei Jahre in der Regionalliga-West (72-74) und zwei weitere in der 2. Liga Nord (74-76) verbrachte. Nach den ‘goldenen 70ern’ ging die Schere zwischen Bayern und Gladbach zwar teilweise sehr weit auseinander, die Anziehungskraft hat dieses ewig junge Duell jedoch nie verloren. In den letzten Jahren hat sich die Borussia in der Rolle des Underdogs als Bayern-Schreck einen gewissen Ruf erworben. Und am kommenden Wochenende reist Bayern München am 14. Spieltag als Herausforderer und Verfolger zum Tabellenführer Borussia Mönchengladbach.
Die Bayern als Gladbach-Jäger? Das klingt faszinierend und unglaublich zugleich
Auch wenn sich die Borussen in den vergangenen Jahren als ein Top-Ten-Team der Liga etabliert haben, ist diese Konstellation sehr speziell. Die Bayern als Gladbach-Jäger? Das klingt faszinierend und unglaublich zugleich. Während sich die Fans wie verrückt auf das Spiel freuen, bereiten die Medien all die alten Geschichten zum x-ten Male auf und machen sich gleichzeitig munter daran, Rose, Thuram & Co in die Rolle der legitimen Nachfolger der Generation Weisweiler zu schreiben. Das alles gehört zum Geschäft und dennoch ist das ganze Brimborium ein Faktor, der in diesen Tage eine gewichtige Rolle spielt.
Ausblenden werden die Borussen das Medienrauschen nicht können. So ein Spitzenspiel hat halt seine Tücken. Die Vorbereitung auf die Partie wird für Marco Rose angesichts der besonderen Umstände nicht ganz unkompliziert. Einerseits werden die Spieler motiviert sein bis unter die Haarspitzen und darauf brennen, sich zu zeigen. Andererseits besteht auch die Gefahr, dass der eine oder andere überdreht oder einer der jüngeren Spieler mit dem, was da über ihn hereinbricht, überfordert ist. Es wird mehr denn je auf das Gespür des Trainers, eine gemeinsame Idee und deren intelligente Umsetzung ankommen. Insofern wird das Spiel am Samstag auch eine ganz spezielle Standortbestimmung für Marco Rose und sein Trainerteam. Die Geschichte des wahren Bundesliga-Clasico ist schließlich noch längst nicht auserzählt.
von Marc Basten