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Das Aus von Roland Virkus: Unausweichlich, aber ein Offenbarungseid für Borussia

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Sportlicher und struktureller Schiffbruch bei Borussia (Foto: Norbert Jansen - Fohlenfoto)

Sechzehn Tage nach der Entlassung von Gerardo Seoane hat auch Sportchef Roland Virkus die Konsequenzen gezogen und ist zurückgetreten. Angesichts der sportlichen Entwicklung war dieser Schritt überfällig. Freude empfindet darüber jedoch niemand – im Gegenteil: Für Borussia Mönchengladbach ist es das nächste Symptom eines beängstigenden Niedergangs.

Die Nachricht vom Rücktritt hat erwartungsgemäß keine Schockwellen ausgelöst. Spott darüber ist so unangebracht wie der Versuch, Virkus zum armen Bauernopfer hochzustilisieren. Natürlich trägt er nicht allein die Verantwortung für den Zustand des Vereins. Aber als Geschäftsführer Sport war er derjenige, der die dringend nötige Kurskorrektur hätte managen müssen. Dass er damit gescheitert ist, steht nun endgültig schwarz auf weiß.

Es wäre falsch, das nun auf die Person Roland Virkus allein zu reduzieren. Ja, er hat die Rolle übernommen, als Borussia nach dem Eberl-Rücktritt führungslos war. Ja, er hat seine Chance ergriffen – wer hätte das an seiner Stelle nicht getan? Und ja, er hat auch Gutes bewirkt. Aber das entschuldigt nicht, dass seine Amtszeit für ein Vakuum an Vision, Klarheit und Entschlossenheit steht.

Ein Verein im Selbstbetrug

Die Wahrheit ist: Jeder Sportdirektor hätte es schwer gehabt. Ein zu teurer, aufgeblähter Kader, ruinöse Verträge und eine Finanzlage, die letztlich auch den Finanzboss kapitulieren ließ – die Altlasten waren erdrückend. Aber bei Borussia berauschte man sich weiter an den Erinnerungen an Champions-League-Abende und redete sich ein, man könne mit ein paar kosmetischen Änderungen wieder auf hohem Niveau mitspielen. Dieser Selbstbetrug rächt sich heute brutal.

Spätestens nach der Trennung von Adi Hütter hätte der große Schnitt kommen müssen. Doch statt den Umbruch wirklich zu wagen, hat man sich auf allen Ebenen wieder und wieder hinter leeren Worthülsen versteckt. Und Virkus hat es nicht geschafft, diesen so dringend notwendigen Prozess einzuleiten.

Konzeptlosigkeit als Leitlinie

Was folgte, war ein einziges Herumstochern: Mit Farke etwas ausprobiert, verworfen, mit Seoane ohne echten Plan einen neuen Versuch gestartet. Am Kader wurde gefeilt, aber nie ein Fundament gelegt. Mal Ballbesitzfußball als DNA, dann ein Mischmasch ohne Richtung. Geld wurde verbrannt – und zwar nicht wenig. Die Verpflichtung von Weigl, die Vertragsverlängerung von Neuhaus, der blinde Transfer von Čvančara, um Seoane seinen Stürmerwunsch zu erfüllen – das alles waren Entscheidungen ohne strategischen Unterbau.

Ja, Virkus gelangen auch gute Transfers wie Kleindienst oder Hack. Aber in Summe fehlte stets ein stabiler Rahmen, eine klare Linie. Selbst im vergangenen Sommer, als dringend strukturelle Korrekturen nötig gewesen wären, entstand nichts, das den Namen Konzept verdient hätte.

Glücksspiel statt Strategie

Gewiss, Virkus hatte unter der vom Verein selbst auferlegten, beschränkten Handlungsfähigkeit zu leiden, weil Transferüberschüsse erzielt werden mussten. Aber es wurde dennoch auch Geld bewegt. Shuto Machino kostete stolze 7 Millionen. Und dann wurden auch noch mehrere Millionen darauf verwettet, dass sich die langwierigen Verletzungsprobleme von Gio Reyna durch einen Ortswechsel von Dortmund nach Mönchengladbach in Luft auflösen. Das klingt eher nach Roulette als nach strategischer Planung. Für die gleiche Summe hätte man mit Kreativität und Scouting gezielt Lücken schließen können.

Das eigentlich Fatale an dieser Entwicklung ist jedoch das Wegducken der Gremien. Präsidium und Aufsichtsrat haben all dies zugelassen – sehenden Auges. Die Fehlentwicklungen schrien zum Himmel, selbst Laien sahen die Schieflage. Doch diejenigen, die die Leitplanken hätten setzen müssen, duckten sich weg, schauten zu oder redeten sich die Lage schön.

Sportlicher und struktureller Schiffbruch

Die Quittung liegt nun vor: Tabellenletzter, ein unausgewogener Kader, leere Kassen, kein Sportchef, ein Übergangstrainer. Borussia hat nicht nur sportlich, sondern vor allem strukturell Schiffbruch erlitten. Der Rücktritt von Roland Virkus war unausweichlich – und doch ist er nichts anderes als ein Offenbarungseid. Er zeigt, wie tief und gefährlich die gesamte Krise ist. 

Die zentrale Frage lässt sich nicht länger aufschieben: Wo soll das Vertrauen herkommen, dass die handelnden Personen in den Gremien nun plötzlich die Lösungen parat haben, damit der Super-GAU verhindert werden kann? Die Lage bei Borussia ist dramatisch – in nahezu jeder Beziehung. 

 


von Marc Basten

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